Verkehrte Welt
Wir haben also verhaltensrelevante Gefühle, die sich dadurch auszeichnen, dass sie dem Menschen echte Randbedingungen seiner Existenz anzeigen, die respektiert werden sollten.
Und wir haben nicht verhaltensrelevante Gefühle, durch die man einfach hindurchgehen kann, weil die Einschränkungen, die sie markieren, nicht der Realität entsprechen.
Das Dumme ist nur: Im derzeitigen Denken des Menschen wird es überwiegend genau andersherum (und damit verkehrt) gehandhabt:
Die verhaltensrelevanten Gefühle werden viel zu häufig ignoriert, was Menschen in vielerlei Schwierigkeiten bringt und von den nicht verhaltensrelevanten Gefühlen lässt man sich unnötigerweise einschränken, was obendrein noch zu negativen Erfahrungen dergestalt führt, dass die ursprünglich falschen Einschränkungen als negative Erfahrungen immer realer werden.
Die Ursache für die häufig genau falsche Reaktion auf negative Gefühle liegt natürlich darin, dass die Gefühle als solche generell blockiert sind. Und weil sie blockiert sind, können sie ihre eigentliche Bedeutung nicht freigeben.
Die eigentliche Bedeutung eines Gefühls offenbart sich, wenn das Gefühl zugelassen und durchlebt wird.
Nur das Gefühl selbst kann seine wirkliche Bedeutung offenbaren. Es gibt hier keine Regeln. Die gleiche Sache kann für den einen Menschen das eine bedeuten und für einen anderen etwas ganz anderes.
Kommen wir noch mal auf unseren Beispiel-Bergsteiger ein paar Kapitel zuvor zurück:
Er möchte also den Mount Everest besteigen und das Wetter wird schlecht. Seine Gefühle sagen ihm nun "Geh nicht. Es ist zu gefährlich."
Das könnte aber sowohl eine übertriebene Angst sein, die überwunden werden muss und es könnte ebenso ein verhaltensrelevantes Gefühl sein, dass die Aufgabe hat, den Bergsteiger am Leben zu erhalten.
Woher weiß man dann, was das Richtige ist?
Das Zulassen und Durchleben des Gefühls würde seine wahre Bedeutung offenbaren.
Unser Bergsteiger würde fühlen, was die richtige Entscheidung ist.
Aber dazu müssen die Gefühle erst mal im Fluss sein.